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Luca Lombardi: "Storia di Giona" PDF Drucken E-Mail
ORGANICO
lucalombardibiography.jpgfür Bass-Bariton, Flöte, Gitarre und Schlagzeug
Text: Luca Lombardi (nach der Bibel)

Aus  einer Tagebuchnotiz erfahre ich, dass ich schon Anfang April 2003 die Vertonung der Geschichte des Propheten Jonas aus der Bibel erwogen hatte. Dieser Geschichte war ich – der ich in meiner Jugend die Bibel nicht gelesen hatte – wohl zum ersten Mal 1994 bewusst begegnet, als mich der befreundete Komponist und Maler Francesco Pennisi (1934-2000) ein Büchlein über Jonas mit eigenen Zeichnungen schenkte. Als mich dann im Frühjahr 2008 Michael Kerstan und Ivan Mancinelli nach einem Stück für das „El Cimarron-Ensemble“ fragten, beschloss ich zum Jona-Stoff zu greifen.

Damals hatte ich zwar schon die Übersiedlung nach Israel beschlossen (ich lebe seit Ende November 2008 abwechselnd in Italien und Israel), doch wusste ich noch nicht, dass mich der Zufall (sollte es ihn überhaupt geben), mich ausgerechnet in Yafo (bzw. Jaffa) wohnen lassen würde, der uralten Hafenstadt (heute Teil von Tel Aviv), von der aus Jona seine zwei Seereisen unternimmt.
Die Erzählung beginnt damit, dass Jona von Gott beauftragt wird, nach Ninive (im heutigen Irak) zu gehen, um ihren Bewohnern zu sagen, dass ihre Bosheit buchstäblich zum Himmel schreit, und dass sie sich bessern sollen. Doch Jona möchte nicht nach Ninive gehen, steigt zum Hafen von Yafo hinunter und besteigt ein Schiff, das im Begriff ist, nach Tarsis (vermutlich im heutigen Spanien) zu fahren, also in die entgegengesetzte Richtung. Gott ist darüber überhaupt nicht erfreut und entfacht einen gewaltigen Sturm, durch den das Schiff in Seenot gerät. Die Matrosen entlarven durch Losen Jona als Verantwortlichen und, nachdem sie keine anderen Lösung wissen, um sich zu retten, werfen ihn ins Meer. Dort  wird Jona von einem grossen Fisch verschlungen, in dessen Bauch er drei Tage und drei Nächte verbringt. Doch, von seiner Reue besänftigt, befiehlt Gott dem Fisch, Jona wieder ans Land auszuspeien.
Kurz danach meldet sich aber Gott wieder und erteilt ihm den selben Auftrag wieder. Diesmal gehorcht Jona und macht sich tatsächlich auf den Weg nach Ninive. Dort verkündet er, dass wenn die Bewohner sich weiterhin so benehmen, innerhalb von vierzig Tagen die Stadt zerstört wird. Diese Ankündigung löst bei den Niniviten eine Bussbewegung aus, die die ganze Bevölkerung, einschliesslich der Tiere umfasst. Die Busse führt dazu, dass Gott das angekündigte Gericht nicht vollstreckt und die Stadt begnadigt.
Doch anstatt sich zu freuen, ist für Jona die Begnadigung der Stadt Anlass zu grossem Zorn. Er wollte ja von Anfang an nicht nach Ninive, denn er wusste, dass Gott gnädig und barmherzig ist, er wusste, dass Er sich leicht besänftigen lassen und das Gericht über die Stadt letztlich nicht vollstrecken würde. Das aber passt Jona nicht und er ist so deprimiert darüber, dass er sich sogar den Tod wünscht.
Offenbar in einer Rückblende wird daraufhin erzählt, wie Jona, nach der Verkündigung in Ninive, die Stadt verlassen und sich ausserhalb eine Laubhütte erbaut hatte, um das Kommende abzuwarten. Gott hatte über diese Hütte eine Rizinusstaude wachsen lassen und Jona damit Schatten verschafft, was ihn sehr erfreut hatte. Aber schon am nächsten Morgen hatte Gott den Rizinus wieder verdorren lassen. Zusätzlich hatte er einen Ostwind aufkommen lassen, der bei Jona Ohnmacht und nochmals den Wunsch zu sterben hervorrief. Im Blick auf diese Rückblende, die „Rizinusepisode“, fragt Gott abschließend den über die Begnadigung Ninives erzürnten Propheten (in der revidierten Luther-Übersetzung von 1984):
„Dich jammert die Staude, um die du dich nicht gemüht hast, hast sie auch nicht grossgezogen, die in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb; und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so grosse Stadt, in der mehr als 120.000 Menschen sind, die nicht wissen, was rechts und links ist, dazu auch viele Tiere?“
Die Erzählung endet, ohne dass von einer Antwort oder von einer anderweitigen Reaktion Jonas auf diese Frage berichtet würde.

Wie man sieht, ist die Geschichte Jonas recht enigmatisch, und sie ist auch verschiedentlich interpretiert worden.
Mich hat daran sowohl ihr Fabelcharakter, als auch eben ihre Vieldeutigkeit fasziniert.
Freilich  kann man die Parabel auch als Metapher einer existentiellen Krise lesen, die Jona durchgeht und aus der er erfolgreich und weiser hervorgeht.

Wie ich erst während der Arbeit am Stück erfuhr, wird die Geschichte des Propheten Jonas während des Nachmittaggebetes an Yom Kippur, einem der wichtigsten jüdischen  Festtage, gelesen. Wie es so der Zufall will (wenn es ihn überhaupt gibt), habe ich die Komposition von „Storia di Giona“, die ich am 18 Juli begonnen hatte, an Yom Kippur, das dieses Jahr am 27./28. September (9./10 Tischri 5770 nach dem jüdischen Kalender) war, beendet.

Luca Lombardi
Yafo, 15.11.09

 

Diskographie

Discografia

Kritiken

Eine rundherum glaubwürdige, engagierte und mustergültige Aufführung...Szenisch, stimmlich und am Instrument facettenreich und technisch brillant agiert...

Reutlinger General-Anzeiger

Zusammenarbeit

klanghaus